Samstag, 5. September 2009

Effatha - ouvre toi!

Was kann ich euch heute an Neuigkeiten berichten?
Zunächst war ich in Monaco auf der Such nach Armen... außer ein paar alten Leuten in den Parks habe ich aber keine gefunden. Schon eigenartig, vielleicht war ich nicht in den richtigen Zonen, aber sobald ich abends nach Hause komme, gibt es hier reichlich Bettler, Straßenmusikanten, Besoffene auf Bänken liegen etc.
Nunja, die Gespräche mit den Alten waren nicht wirklich spannend, klar jeder hatte so seine Geschichte zu erzählen, aber hauptsächlich wurde sich ja über Wetter, Familienverhältnisse unterhalten, viel über Kirche konnte ich mit ihnen nicht sprechen. Außerdem war ich schon etwas enttäuscht noch immer keinen echten Monegassen kennengelernt zu haben!
Alle berichteten mir, dass es fast unmöglich sei, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Na denn.
Also bin ich wieder nach Cagnes-sur-mer. Hätte ich gewusst, dass da eh nichts läuft in Monaco, wäre ich gleich hiergeblieben und hätte das Angebot angenommen, mit meinen derzeitigen Gastgebern in den Zoo zu gehen.
Hoffe sie haben mir das nicht übel genommen... sie meinen ich solle mich doch mal wenigstens am Wochenende ausruhen und würde im Moment nur für das Gelingen der Studie arbeiten. Vielleicht haben sie recht und ich sollte mal nen Gang zurückschalten?! Naja, aber solange es Spaß macht. Eines will ich unbedingt noch mal machen, ins MEER . . . es ist ja nur ca.5 min aber ich war es ein einziges Mal baden.

Nunja, am Nachmittag trafen wir uns also wieder zuhause, und, ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt hatte, aber Aude wollte die Gelegenheit des Abends nutzen, um mit mir in die Kirche zu gehen. Fand ich ja mal echt cool. Den Nachmittag (bis 18h30) haben wir uns dann über Kirche, ihre Vergangenheit etc. unterhalten, das war super! Sie war auch Kinder- und Jugendgruppenleiterin und hat ihr ganzes Leben bei den Aumôneries (Jugendgruppen) in ihrer Heimat mitgemacht, aber hier vor Ort hat sie noch keinen Anschluss gefunden?!
Also war dieses große Ereigniss doch mal die Gelegenheit die Gemeinde kennenzulernen, zudem musste sie dann nicht alleine hingehen (Alexis wollte nicht mit).
Leider saßen wir dann letztendlich getrennt, weil sie mit Arthur weiter vorne sitzen wollte (damit der Kleine was sieht).
In der eigentlich eher unschönen, modernen Kirche, habe ich mich dann aber auch sofort mit meinen "Nachbarn" angefreundet und ihnen mein Vorhaben erklärt, da waren natürlich alle ganz Ohr. Als ich nach der Kirche Monacos fragte, musste ich feststellen, dass trotz der geographischen Nähe die Verhältnisse kaum bekannt sind!
Ich war echt geschockt!
Finden denn Organisationen, Wallfahrten, Feste mit der monegassischen Kirche statt oder ist das komplett getrennt. Es ist schließlich das Nachbarbistum?
- Nein, also, ja, ehm, ich bin mein ganzes Leben schon in dieser Gemeinde, es finden viele Wallfahrten statt aber Monaco ist da nicht dabei, ansonsten die Kirche Monacos gehört ja schon zum Bistum Nizza... aber ich wüsste nicht, dass die mitmachen würden.
Was wissen sie sonst zum Verhältnis zur Kirche Monacos?
- Ja, ich denke doch, dass die Verhältnisse gut sind, aber wir haben nichts mit ihnen zu tun... obwohl sie ja zum Bistum gehören, ähm, also immerhin ist der Bischof Monacos ja von Bischof Nizzas zum Bischof ernannt worden.
(ich glaube bei der Aussage kam die gute Frau selbst etwas ins Nachdenken.)
Ja wie ist das mit Monaco?
Soweit das Wissen der Leute
-> zur Aufklärung: Monaco ist ein immediates Erzbistum, der Papst ernennt somit auch den Bischof (in Absprache mit dem Fürsten)

Als dann die Messe losging, waren ca. 15 Pfarrer und der Bischof Nizzas da.
Da ja der neue Pfarrer eingeführt wurde, war der ganze Gottesdienst sehr feierlich und dauerte seeehr lange. Daher fühlte sich Aude dann auch gezwungen früher raus zu gehen, weil der kleine Arthur (wie so viele Kids seines Alters) nicht mehr ruhig sitzen bleiben konnten.
War eigentlich sehr schade, weil man erst nach der Messe die Leute kennenlernen konnte.
Ich fand besonders das Evangelium sehr schön: Effatha - ouvre toi...

passte irgendwie zum Tag: sich öffnen für Neues, aufmerksam sein, auf seine Mitmenschen eingehen - all das wird ja miteinbegriffen!
Leider kam das in der Predigt gar nicht raus, weil der Bischof eigentlich nur über die Einführung des neuen Pfarrer sprach und er von allen möglichen Vereinen, der Bürgermeisterin etc. willkommen gehießen würde.

Ganz nach dem Evangeliums-Motto: Effatha - öffne dich, habe ich nach der Messe allen Mut zusammengenommen und tausende Leute angesprochen... zuallerst die Nonnen die zu siebt dawaren und irgendwo zwischen Cagnes-sur-mer und Monaco sind, genau hab ich das nicht verstanden... aber sie boten mir an, dass ich mal bei ihnen vorbeikommen könnte. Das wird nur wohl ohne Auto schwierig, zumindestens habe ich ihre Telefonnummer und kann sie auf alle Fälle anrufen, um mehr über das Leben von Ordensschwestern in der Nähe Monacos zu erfahren. In Monaco gibt es ja nur noch eine einzige (soweit ich das verstanden habe)

Als nächstes bin ich auf einen Typen (etwas älter als ich) zugegangen, der sich ganz lustig mit einem Mädchen unterhielt...
Allen Mut zusammennehmen und einfach das sagen, was mir schon seit 1 Std. auf dem Herzen lag und, was gleichzeitig erklärt, wieso ich gerade ihn ansprach!
Während der Messe brachte er (Vincent) mit seiner Jugendgruppe die Gaben zum Altar. Ich sah sie eigentlich nur alle vorbeihuschen, aber, eins fiel mir ins Auge, was mich total aus dem Gottesdienst folgen herausbracht! Ja, der erste Mensch auf der ganzen Welt, den ich mit dem gleichen Taize-Kreuz um den Hals treffe!!! Auch, wenn ich selbst noch nie da war, trage ich es immer und er hatte wirklich exakt das Gleiche. (ich weiß in Taizé gibt es gewiss tausende die es tragen, aber so ganz fernab davon ist das halt schon was besonderes finde ich)
Also fing ich die Konversation mit Taizé an!
Will euch jetzt nicht das ganze Gespräch aufschreiben, aber es war sehr cool endlich mal wieder mit jugendlichen, engagierten Gläubigen zu sprechen. Das hat meinen misslungenen Tag in Monaco wieder völlig kompensiert. Ist irgendwie eine andere Welt, obwohl es doch so nah aneinander liegt. Ich weiß nicht, was Monaco falsch macht, was die deutsche katholische Kirche falsch macht, aber in Frankreich kommt mir alles viel lebendiger vor!
Ok, es war jetzt wie ihr seht ein großes Fest, aber bei uns ist nie so viel los und in Monaco auch nicht!

(hier nur noch der kleine Teil der Leute, die zum Apperitif geblieben ist)
Was ich echt schade fand war, dass Aude die Leute nicht mehr hat kennenlernen können. Vincent müsste nämlich ungefähr ihr Alter sein und er isr hier der Jugendgruppenleiter. Also genau die richtige Anlaufstelle für sie, da sie doch genau das gleiche in ihrer Heimatgemeinde gemacht hat. So könnte sie ein Bisschen Anschluss hier finden. Sie wohnt zwar schon ein paar Jahre hier, kennt aber noch kaum jemanden, nur Mütter der Freunde Arthurs...
Da mir die beiden eh nicht allzu viel weiterhelfen konnten für meine zis-Reise, mein Vorhaben aber dennoch sehr interessant fanden, habe ich für Aude nach ihren Handynummern gefragt. So kann sie sich an Vincent und Aurélie wenden, wenn sie denn Lust hat.
War total froh, vielleicht kommt sie so in Kontakt mit ihnen und ich hätte einen kleinen Beitrag dazu geleistet...
Ich weiß nicht, ob das albern kling, aber irgendwie will ich ihnen was "zurückgeben" für ihre Gastfreundschaft. Selbst, wenn ich ihnen Gastgeschenke gebe oder ab und zu Baguette oder Lebensmittel bezahle, ist das was anderes als Gastfeundschaft, das kann man nicht bezahlen!!
Gegen 21 Uhr kam ich dann mit fröhlich tänzelnden Schritten zurück im Appartement an, wo Alex und Aude mit dem Dîner auf mich warteten.
Fühl mich hier total wohl!
Das ist doch das Gefühl was ich mag, wenn ich aus der Kirche herauskomme, freundliche, dich anlächelnde Menschen, die Kontakt suchen, Interesse zeigen und aus dem Alltag einen besonderen Tag machen.

Erkenntnisse des Tages:
(1) (Gast-) freundschaft und Offenheit sind unbezahlbar.
(2) Effatha öffne dich.
(3) Nicht dort wo tolle Kirchen stehen, sondern dort, wo der Glaube gelebt wird, ist Kirche für mich da.